Recht auf InternetMindestversorgung mit Internet soll sich verbessern

Das Recht auf Internet hat sich zwar noch nicht weitflächig durchgesetzt. Jetzt sollen aber die Mindestbandbreiten angehoben werden, um mehr Menschen digitale Teilhabe zu ermöglichen. Als Basis dient ein Prüfbericht der Bundesnetzagentur, den wir veröffentlichen.

Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur
Die Regulierungsbehörde von Klaus Müller empfiehlt in einem Bericht eine verbesserte Mindestversorgung mit Internet. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Horst Galuschka

Jede:r Bürger:in in Deutschland hat den Anspruch auf einen Internetanschluss zu Hause. Doch gerade in abgelegenen Gebieten sind die Verbindungen schlecht. Geht es nach der Ampelmehrheit im Digitalausschuss, soll die Mindestbandbreite beim „Recht auf Internet“ nun erhöht werden: von 10 MBit/s auf 15 MBit/s im Download und von 1,7 MBit/s auf 5 MBit/s im Upload.

Damit schließen sich die Abgeordneten der Sicht der Bundesregierung sowie der Bundesnetzagentur an. Die entsprechenden Anträge soll der Digitalausschuss am Mittwoch billigen und damit den Weg für die Erhöhung freimachen.

Darüber berichtet hatte zuerst die Deutsche Presse-Agentur am Wochenende. Wir veröffentlichen die Dokumente nun in Volltext, einschließlich des Prüfberichts der Bundesnetzagentur zur sogenannten TK-Mindestversorgungsverordnung (TKMV).

Der lange erwartete Bericht der Regulierungsbehörde bildet die Grundlage für die geplante Erhöhung, die TKMV steckt wiederum den Rahmen für den Rechtsanspruch im Detail ab. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat sein Einvernehmen zum Ergebnis des Prüfberichts bereits erteilt.

Nun auch Mehrpersonenhaushalte berücksichtigt

Die Evaluation habe ergeben, dass die Erhöhung der Werte für den Internetzugangsdienst „angemessen“ und sogar „erforderlich“ ist, heißt es im Bericht. Denn erstmals wurde dabei auch die „Lebenswirklichkeit und die Nutzererfahrung bei der Verwendung der Dienste“ berücksichtigt.

Dazu zählen insbesondere Mehrpersonenhaushalte, wo sich mehrere Nutzer:innen die Bandbreite teilen müssen. Darauf hingewirkt hatten unter anderem Verbraucherschützer:innen, der Deutsche Landkreistag, der Bundesrat und nicht zuletzt der Digitalausschuss.

„Mit der Mindestversorgung schaffen wir Klarheit darüber, was jedem Haushalt an Internetversorgung zustehen muss“, sagt Johannes Schätzl, Berichterstatter der SPD. Zur gesellschaftlichen Teilhabe gehöre die digitale Teilhabe klar dazu. „Deshalb müssen alle Haushalte, auch mit mehreren Personen, ein Recht darauf haben, am digitalen Leben und Arbeiten teilhaben zu können“, sagt Schätzl.

Mindestversorgung als Sicherheitsnetz

Allerdings soll der Anspruch auf Internet weiterhin nur die letzte Haltelinie darstellen, wie der Prüfbericht klarstellt: „Das Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten soll aufgrund der europäischen Vorgaben als Sicherheitsnetz dienen und die Erbringung der Dienste im Rahmen der Grundversorgung daher nur als Ultima Ratio in Frage kommen.“ Würden die Werte zu hoch liegen, könnte dies den flächendeckenden privatwirtschaftlichen und geförderten Ausbau beeinträchtigen, so die Sorge.

Vor solchen Verdrängungseffekten hatte die Breitbandindustrie gewarnt, was der Regulierungsbehörde zufolge jedoch nicht eingetreten ist. „Der Bundesnetzagentur sind keine Fälle bekannt, in denen aufgrund der Grundversorgung die Nachfrage nach einer Förderung zum Ausbleiben des Projekts geführt hätte“. Auch von einem Hemmnis für den privatwirtschaftlichen Ausbau sei nicht auszugehen, heißt es im Bericht.

Wenige Anträge, aber langwieriger Prozess

Als unbegründet hatte sich auch die Angst vor einer Antragsflut erwiesen. Mit rund 300.000 betroffenen Haushalten hat die Bundesnetzagentur im Vorfeld gerechnet, bislang eingegangen sind jedoch nur einige hundert Anträge. In ein paar Dutzend Fällen hat die Regulierungsbehörde tatsächlich eine Unterversorgung festgestellt.

Zur Versorgung eines Haushaltes hat sie bisher aber nur einen einzigen Netzbetreiber verpflichtet. Es soll sich um das Unternehmen SpaceX handeln, das das Satellitennetzwerk Starlink betreibt. SpaceX soll einen Neubau in Niedersachsen mit einem Anschluss ausstatten, wie jüngst eine Recherche von netzpolitik.org herausgefunden hat.

Die moderate Erhöhung der Mindestbandbreiten werde die Anzahl potenziell unterversorgter Adressen nicht explodieren lassen, schätzt nun der Prüfbericht. Vielmehr könnte sie sich beim verbesserten Upload bemerkbar machen: „Bei einer Erhöhung im Upload von 1,7 auf 5 Mbit/s steigt die Anzahl der potenziell unterversorgten Adressen bereits um ca. 13 % (2,54 auf 2,86 Mio.)“, heißt es.

Allerdings wurden hierbei bloß leitungsgebundene Anschlüsse einbezogen, die Mindestversorgung lässt sich freilich auch über Mobilfunk herstellen. Am Wert für die Latenz soll im Übrigen nicht gerüttelt werden, weiterhin sollen 150 Millisekunden als maximal zumutbarer Wert gelten.

Nachweis soll einfacher werden

Verbesserungen soll es zudem beim Antragsprozess geben, der sich in der Praxis als umständlich und langwierig herausgestellt hat. „Wir haben uns dafür stark gemacht, dass die Unterversorgung innerhalb weniger Monate festgestellt werden kann“, sagen die grünen Berichterstatter:innen Tabea Rößner und Maik Außendorf in einer gemeinsamen Stellungnahme. „Weil auch der Prozess der Messung sehr aufwendig ist, wollen wir die Bundesnetzagentur auffordern, das Messtool zu vereinfachen beziehungsweise zu automatisieren.“

Auch der FDP-Berichterstatter Maximilian Funke-Kaiser wünscht sich ein schnelleres Verfahren. „Mit dem Entschließungsantrag stellen wir nun sicher, dass die Meldung einer Unterversorgung bei der Bundesnetzagentur bürokratieärmer und nutzerfreundlicher wird“, so der Bundestagsabgeordnete. „Das ist ein weiterer Schritt hin zu einem modernen Staat.“

3 Ergänzungen

  1. „SpaceX soll einen Neubau in Niedersachsen mit einem Anschluss ausstatten, “

    Das ist so ein Witz. Wo kämen wir auch hin, wenn wir unseren eigenen aus Steuermitteln gepamperten Marktführer verdonnert würden?

  2. …und ich werde weiterhin mit laschen 32 oder 64kB/s durchs Netz kränkeln. Auch mit der geplanten, neuen Erhöhung. Gerade noch schnell genug, um netzpolitik.org zu browsen.

    Aber was bleibt mir auf dem Land anderes übrig, wenn Glasfaser 10km entfernt vorbeiführt? Wenn einzig ein LTE-Funkmast in großer Entfernung zugänglich ist und das Datenvolumen dank Tracker und Werbung, die noch blockiert werden muss, schon nach 1-2 GB aufgebraucht ist? Umziehen? Hier geht es ums Prinzip!

  3. Ich frage mich wofür diese Leute bei der Bundesnetzagentur überhaupt vom Staat bezahlt werden. Laut Argumentation der Bundesnetzagentur gibt es in Deutschland grundsätzlich nirgendwo Internet-Unterversorgung, da schließlich überall Starlink verfügbar ist. Wenn man die Abteilung der Bundesnetzagentur einfach schließen würde, würde sich für die Bevölkerung folglich auch nichts ändern, nur dass man eben Steuergelder spart. Der einzige Sinn und Zweck besteht wohl nur darin Beamte zu beschäftigen. Die entsprechenden Paragraphen § 160 und § 161 aus dem TKG kann man auch direkt wieder rausstreichen, da sie für die Bevölkerung wirkungslos sind.

    Ich bin übrigens eine der angeblich wenigen hundert Personen, die eine Unterversorgung gemeldet haben. Die Wohnung um die es geht wird theoretisch mit VDSL2 Supervectoring von der Telekom versorgt, was jedoch nicht möglich ist, da eine der Kupferdoppeladern, die ins Haus führen defekt ist und bisher nicht von der Telekom repariert wurde. Die Anzeige der Unterversorgung wurde am 26.06.2023 eingereicht, am 02.07.2024 kam eine Absage, dass keine Unterversorgung besteht, ohne die Telekom zu verpflichten den Anschluss zu reparieren. In der Absage wurde auf angeblich existierende Festnetzlösungen verwiesen, welche auch das defekte Kabel der Telekom benutzen würden, auf Mobilfunklösungen und Starlink, obwohl keine Satellitenschüssel aufgestellt werden kann und die Telekom das Gebiet schon versorgt. Eine teure Mobilfunklösung hält man dabei wohl für einen „erschwinglichen Endnutzerpreis“ (siehe TKG §160 Abs1 Nr. 1 -> https://www.gesetze-im-internet.de/tkg_2021/__160.html). Die Bundesnetzagentur hält die im Gesetz genannten Fristen für die Prüfung nicht ein. Es wird nach Absenden des Schreibens nur eine Vorgangsnummer zugewiesen. Ob tatsächlich etwas geprüft wird, lässt sich nicht feststellen. Im Zweifelsfall muss man halt vor dem Verwaltungsgericht gegen die Behörde klagen.

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